Gestern legten die börsengehandelten Rohölpreise den stärksten Kursrutsch seit Jahresbeginn hin. Ab dem frühen Nachmittag gab es an den Ölbörsen kein Halten mehr und die Preise landeten innerhalb weniger Stunden auf neuen Rekordtiefs. Zwar konnte der späte Handel die schlimmsten Verluste etwas ausgleichen, doch auch heute starteten die Börsen weit unter den Niveaus der vergangenen Tage.
Bestandsaufbauten statt Verknappung
Es scheint höchst widersprüchlich, was da im Moment an den Ölbörsen passiert. Seit Beginn des Jahres überwogen die Sorgen um eine knappe Marktlage. Man fürchtete, dass die OPEC Kürzungen im Zusammenspiel mit den US Sanktionen gegen den Iran und Venezuela die Versorgung mit Rohöl deutlich reduzieren könnten. Doch nun passen die seit geraumer Zeit schon steigenden US Bestände so gar nicht in das Bild einer Marktverknappung.
Die Gründe für die Bestandsaufbau sind vielfältig und ebenfalls recht widersprüchlich. Zum einen boomt die amerikanische Schieferölindustrie und die USA haben inzwischen Russland als größten Ölexporteur der Welt abgelöst. Doch gleichzeitig wirken sich die zahlreichen Handelskonflikte der Regierung Trump inzwischen offenbar auf die Ölnachfrage aus. Vor Allem bei der US Benzinnachfrage fällt das auf, denn die sollte der Jahreszeit gemäß eigentlich steigen, fällt aber seit geraumer Zeit und sorgt für Bestandsaufbauten in dieser Produktkategorie.
Sorgen bereitet den Marktteilnehmern vor Allem der Handelsstreit mit China. Wie die Sanktionen gegen den chinesischen Mobiltelefonhersteller Huawei zeigen, ist eine Einigung in diesem Konflikt längst nicht so greifbar, wie es vor einigen Wochen noch erschien. Wenn die beiden größten Wirtschaftsmächte der Welt sich mit Strafzöllen überziehen, bremst das automatisch das weltweite Wirtschaftswachstum und damit auch die Ölnachfrage aus.
Wie es weiter geht wird sich zeigen. Klar ist, dass die OPEC sich nun sicher bestärkt sehen wird, an ihren Förderkürzungen festzuhalten, hat der Kursrutsch von gestern doch eines gezeigt: die vermeintliche Stabilität der Ölpreise ist viel fragiler als angenommen und der Markt bleibt in der aktuellen Situation extrem anfällig für starke Kursschwankungen.
Ausblick
Dank der starken Kursverluste an den internationalen Ölbörsen können Verbraucher heute Schnäppchen machen. Für 100 Liter Heizöl muss heute im Durchschnitt etwa -1,40 bis -1,60 Euro weniger gezahlt werden als gestern.