Die Ölpreise verzeichneten am Dienstag keine größeren Bewegungen, obwohl die Huthi-Miliz nun auch alle unter amerikanischer Flagge fahrenden Schiffe zu Angriffszielen erklärt hatte. Dass sich die Kursgewinne trotz der immer schneller drehenden Gewaltspirale im Nahen Osten innerhalb eines relativ moderaten Bereichs bewegen, liegt vor allem an den nach wie vor bestehenden Sorgen um ein schwächeres globales Wirtschaftswachstum.
Die jüngsten Entwicklungen im Roten Meer schüren die Befürchtung eines umfassenderen regionalen Konflikts im Nahen Osten. So lösten die iranischen Angriffe auf Ziele in der halbautonomen Region Kurdistan im Irak einen diplomatischen Streit aus. Der Iran griff auch Stellungen des Islamischen Staates in Syrien an. Angesichts der bedrohlichen Nachrichtenlage ist der Nahe Osten auf dem aktuell in Davos stattfindenden Weltwirtschaftsforum ein vieldiskutiertes Thema.
Al-Tahni: „Eine militärische Lösung wird es nicht geben“
So bekräftigte Katars Premierminister Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al-Thani gestern in Davos, er sehe nicht, dass militärische Maßnahmen der USA und ihrer Verbündeten die Angriffe der Huthi im Roten Meer ohne diplomatische Bemühungen eindämmen könnten. Handlungen, die die Freiheit der Schifffahrt beeinträchtigen, sind ein globales Problem und müssen eingedämmt werden, so Al-Tahni. Aber „eine militärische Lösung wird es nicht geben“, betonte er. „Das Gegenteil ist der Fall. Ich denke, sie wird zu einer weiteren Eskalation führen.“
Huthi-Sprecher: Alle US-Schiffe sind ab sofort Ziele
Nur Stunden vor Al-Thanis Äußerungen, hatten die Huthi erklärt, dass alle US-Schiffe, die das Rote Meer passieren, von nun an ins Visier genommen werden. „Das Schiff muss nicht unbedingt auf dem Weg nach Israel sein, damit wir es ins Visier nehmen. Es reicht aus, wenn es amerikanisch ist“, sagte ein Huthi-Sprecher gegenüber dem arabischen Nachrichtensender Aljazeera.
Zunächst starteten die Huthi im November Angriffe auf Schiffe, die entweder nach Israel fuhren oder in israelischem Besitz waren oder in einer anderen Verbindung zu Israel standen. Am Wochenende hatte die Miliz einen US-Zerstörer im Roten Meer mit Anti-Schiffs-Raketen beschossen, am Montag feuerten sie auf ein unter der Flagge der Marschallinseln fahrendes US-Handelsschiff einen Marschflugkörper ab.
Trotz Warnung: Mehr als 100 Schiffe durchfahren Rotes Meer
Die Reaktion auf diese Attacken folgte prompt. Schiffsverfolgungsdaten zeigten zu Wochenbeginn, dass mindestens 25 Tanker ihren ursprünglichen Kurs durch das Rote Meer geändert hatten. Ebenfalls am Montag hatte Katar angekündigt, dass es seine Flüssiggastanker nicht mehr durch die Bab el-Mandeb-Straße vor der Küste Jemens schicken werde.
Die Zahl der Handelsschiffe, die die Route zwischen dem Roten Meer und dem Suezkanal befahren haben, hat sich im vergangenen Monat angesichts der zunehmenden Spannungen vor der Küste Jemens mehr als halbiert. Dennoch haben mehr als 100 Schiffe, darunter auch Öltanker, die Wasserstraße durchquert, nachdem die US-amerikanische und die britische Marine den Reedereien am Freitag empfohlen hatten, die Route zu meiden.
Ölpreise weiterhin in enger Spanne erwartet
Trotz der Eskalation im Nahen Osten warten die Ölhändler nach Einschätzung von Analysten weiter auf handfeste Beweise für eine Versorgungsunterbrechung, bevor sie die Preise nach oben treiben. Torbjörn Törnqvist, CEO des weltweit operierenden Energiehändlers Gunvor, geht davon aus, dass sich die Ölpreise auf dem derzeitigen Niveau halten werden. Er rechne nicht mit größeren Auswirkungen auf die Ölproduktion durch die Unterbrechungen am Roten Meer, so Törnqvist am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos.
Heizölpreise kaum verändert
Der am Dienstag zu beobachtende eher ruhige Handelsverlauf an den Ölmärkten spielt sich heute bislang auch in der Preisentwicklung wider. Nach der aktuellen Entwicklung von Gasoil, dem Vorprodukt von Diesel und Heizöl, wird der rein rechnerische Inlandspreis für Heizöl zum aktuellen Zeitpunkt bei ca. -0,50 bis +1,10 Euro je 100 Liter gegenüber gestern Vormittag erwartet.