9,7 Millionen Barrel pro Tag will die OPEC+ Gruppe ab Mai weniger fördern. Eine historisch umfangreiche Kürzung, die alles bisher dagewesene in den Schatten stellt. Doch wer mit steigenden Preisen als Reaktion auf die Maßnahme gerechnet hat, der wird sich heute Morgen überrascht die Augen gerieben haben.
Preise an Börsen geben nach
Heute Nacht war das Osterwochenende an den internationalen Ölbörsen in London und New York, wo die globalen Referenzpreise ermittelt werden, bereits beendet. Der Handelsauftakt um 0:00 Uhr startete mit einer Überraschung: die Preise für die wichtigsten Rohölsorten Brent und WTI gaben nach! Auch die an den Börsen gehandelten Produktpreise starteten mit einem Minus in die neue Woche, und konnten sich bisher nicht davon erholen.
Analysten: Kürzungen „zu gering und zu spät“
Doch was war passiert? Die bisher umfangreichste Kürzung der OPEC gab es in der Finanzkrise 2008 mit 2,2 Millionen Barrel (1 Barrel = 159 Liter) pro Tag. Warum kann die mit Abstand umfangreichste Intervention von 9,7 Millionen Barrel pro Tag die Preise nicht nach oben treiben?
Für die Analysten der einflussreichen Investmentbank Goldman Sachs ist die Lage eindeutig: die Kürzungen seien „zu gering und zu spät“, als dass diese die Preise jetzt noch stützen könnten. Im April und Mai rechnet man bei der Bank mit einem Nachfragerückgang von durchschnittlich 19 Millionen Barrel pro Tag. Da die OPEC+ Gruppe schon im ersten Quartal gekürzt hatte, rechnet man zu Beginn des Mai mit einer tatsächlichen Förderkürzung von lediglich ca. 4,3 Millionen Barrel pro Tag – zumindest im Vergleich mit dem ersten Quartal.
Das ist demnach viel zu wenig, denn die Vorräte würden so weiter um knapp 15 Millionen Barrel pro Tag zunehmen. Um das Ganze ins Verhältnis zu setzen: während des letzten großen Preiseinbruchs 2014/15 betrug die Überversorgung am Weltmarkt laut US Energieministerium in einem Monat maximal 4,1 Millionen Barrel pro Tag.
Ausblick
Als Ergebnis werden die Preisschwankungen weiter hoch sein. Aktuell orientieren sich die Ölbörsen deutlich nach unten. Die Referenzsorten Brent und WTI sind damit jetzt schon erheblich günstiger als am Donnerstag. Verbraucher können sich also darauf einstellen, dass die Preise für Heizöl, Diesel und Benzin in der Woche nach Ostern ebenso fallen werden.