Anfang der Woche schlugen die optimistischen Meldungen zum Impfstoff gegen Covid-19 ein wie eine Bombe. Die Ölpreise legten eine ordentliche Rallye hin und halten sich seitdem auf relativ hohem Niveau. Doch allzu viel Optimismus könnte verfrüht sein, denn es wird noch länger dauern, bis ein Impfstoff tatsächlich flächendeckend zur Verfügung steht. Solange bleiben die Faktoren im Vordergrund, die die Preise belasten.
Corona-Fallzahlen steigen weiter
Nach wie vor explodieren die Fallzahlen in vielen Ländern. Nachdem in Europa schon die meisten Länder neue Lockdowns eingeführt haben, könnte dies auch in den USA bald wieder notwendig werden. Dort wurde gestern mit mehr als 135.000 Neuansteckungen (laut www.worldometers.info) erneut ein Rekord gebrochen. Die Zahl der aktiven Fälle ist mit 1,3 Millionen Infizierten ebenfalls auf einem noch nie dagewesenen Höchststand.
In Deutschland sinkt die Zahl der Neuinfektionen seit einigen Tagen wieder, bleibt mit 16.600 Neuinfizierten gestern aber immer noch weit über den Zahlen vom Frühjahr. Andere europäische Länder, wie etwa Italien, Frankreich und Polen kämpfen ebenfalls mit deutlich höheren Infektionsraten als noch Anfang des Jahres.
Drohende Überversorgung im nächsten Jahr
Den Marktteilnehmern ist der Nachfrageeinbruch zu Beginn des Jahres noch gut in Erinnerung. Er war eine direkte Folge der vielen flächendeckenden Lockdowns, die damals die Weltwirtschaft lahmlegten. Die Angst vor einer Wiederholung der Ereignisse ist groß, auch wenn die Lockdowns diesmal nicht so scharf sind wie im Frühjahr – zumindest bisher.
Gleichzeitig haben die Ölproduzenten der Welt nach der Preiserholung im Sommer die Produktion wieder hochgefahren. Hinzu kommen einige unerwartete Ölmengen, mit denen man zur Jahresmitte noch nicht gerechnet hatte. So endete in Libyen der jahrelange Bürgerkrieg und die am Boden liegende Förderung des ölreichen Landes erhob sich wie ein Phönix aus der Asche.
Mit dem Sieg Joe Bidens in den USA könnten in absehbarer Zeit auch die Sanktionen gegen den Iran gelockert werden, da der demokratische Kandidat eine Wiederaufnahme des Atomabkommesn anstrebt, dass Donald Trumps Regierung vor zwei Jahren einseitig aufgekündigt hatte. Damit könnten aber auch von dieser Seite noch mehr Ölmengen auf den Markt gespült werden.
Die Kuh ist noch nicht vom Eis
Die Meldungen zu einem 90-prozentigen Impfschutz stimmen sicherlich positiv und machen Hoffnung, doch für die Ölmärkte ist die Kuh noch lange nicht vom Eis. Die Erholung der Nachfrage wird nicht von heute auf morgen passieren, selbst wenn die Ausbreitung des Virus durch eine Impfung eingedämmt werden kann. Es wird noch lange dauern, bis ein Preisniveau erreicht werden kann, das dem vor Corona nahe kommt.