Am Wochenende ist der jahrzehntealte Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien um die ehemals autonome Region Bergkarabach wieder aufgebrochen und führte zu den schlimmsten militärischen Auseinandersetzungen seit 2016. Sollten sich die Kämpfe ausweiten, könnten auch zahlreiche Öl- und Gaspipelines in Mitleidenschaft gezogen werden, die durch das Gebiet verlaufen.
Armenien und Aserbaidschan im Krieg
Der Streit zwischen den beiden ehemaligen Sowjetstaaten um das südkaukasische Gebiet ist seit dem Zerfall der UdSSR immer wieder aufgeflammt. Bergkarabach zählt völkerrechtlich zu Aserbaidschan, ist allerdings vorwiegend von Armeniern besiedelt. Das überwiegend muslimisch geprägte Aserbaidschan wird im Konflikt von der Türkei unterstützt, während Russland als Schutzmacht für Armenien fungiert.
Inzwischen haben die beiden Länder den Kriegszustand ausgerufen und die internationale Staatengemeinschaft versucht, auf diplomatischem Weg zu schlichten. Sollte dies nicht gelingen, droht nicht nur humanitäre Katastrophe. Denn durch das Gebiet verlaufen zahlreiche große Pipelines, die Öl und Gas in riesigen Mengen transportieren, um die Weltversorgung aufrecht zu erhalten. Im Kriegsfall könnte es hier durchaus zu Beeinträchtigungen kommen.
Gefahr der Pipeline-Ausfälle beschäftigt Ölmarkt
So verläuft etwa mit der Baku-Tbilisi-Ceyhan Pipeline eine der größten Rohöltransportadern nur wenige Kilometer entfernt von der Grenzregion zu Bergkarabach. Sie kann bis zu 1,2 Millionen Barrel Rohöl täglich vom Kaspischen Meer an die türkische Mittelmeerküste transportieren. Das entspricht einer Menge von fast 191 Millionen Litern. Sollte es im Kriegsfall zu einer Unterbrechung kommen, könnten kurzfristige Versorgungsengpässe die Ölpreise stützen.
Da die börsengehandelten Rohölpreise aber im Corona-Jahr 2020 vor allem unter dem preisdrückenden Einfluss der Pandemie stehen und aufgrund der geringeren Nachfrage nach Öl und Ölprodukten ein recht komfortables globales Angebot vorhanden ist, reagieren die börsengehandelten Rohölpreise bisher noch nicht mit einer Rallye. Die Marktteilnehmer scheinen zu hoffen, dass durch die aktuelle Lage eine Angebotsunterbrechung nicht die massiven Auswirkungen hätte wie zu coronafreien Zeiten.