Die börsengehandelten Rohölpreise machten sich gestern nach einem leichten Anstieg am Morgen wieder auf den Weg nach unten. Vor allem die am Nachmittag veröffentlichte Bestandsmeldungen aus den USA sorgten für fallende Preise, jedoch nicht in erwartetem Maße. Ein starkes Abwärtspotential scheint es erst einmal nicht zu geben.
Deutliche Bestandsaufbauten in den USA
Das Amerikanische Energieministerium DOE veröffentlichte gestern die aktuellen Bestandsdaten zur US Ölindustrie. Überraschenderweise wich das Zahlenwerk deutlich von den am Dienstag veröffentlichten Daten des American Petroleum Institute (API) ab. Hatte dieses noch mit Abbauten bei Rohöl gerechnet, haben die Bestände laut DOE um +2,1 Mio. Barrel, also etwa 334 Mio. Liter zugelegt.
Noch deutlichere Aufbauten sind bei Destillaten mit +2,2 Mio. Barrel (349,8 Mio. Liter) und bei Benzin mit +4,6 Mio. Barrel (731,4 Mio. Liter) zu sehen. Eine um +1,5 Prozent gestiegene Raffinerieauslastung ist zu dieser Jahreszeit nicht ungewöhnlich, hätte in dieser Höhe aber eigentlich Bestandsabbauten bei Rohöl zu folge. Das dem nicht so ist, liegt vermutlich daran, dass die Exporte in der Berichtswoche niedriger ausfielen als die Importe.
Bestandsaufbauten dieser Größenordnung sind üblicherweise ein deutlicher Impuls für Preissenkung, da sie der aktuellen Unterversorgung entgegenwirken. Durch das OPEC Produktionsabkommen, die desolate Ölindustrie in Venezuela und die unabsehbaren Auswirkungen der Sanktionen gegen den Iran war das Angebot in der ersten Jahreshälfte immer weiter gesunken und hatte für Rekordpreise gesorgt.
Die börsengehandelten Rohölpreise fielen demnach gestern erwartungsgemäß, jedoch nur in recht verhaltenem Rahmen. Das Abwärtspotential der vergangenen Tage scheint somit erst einmal ausgereizt.
Preisspekulationen
Es werden die ersten Expertenstimmen laut, die vermuten, dass die Produktionssteigerungen in Russland und Saudi-Arabien der starken Angebotsknappheit nicht nachhaltig entgegenwirken können. So sieht Wayne Gordon von UBS Wealth Management den Rohölpreis bald bei 85 Dollar, und das vielleicht schon innerhalb der nächsten drei Monate.
Die Analysten sind sich nicht einig, wie sich der Preis in den nächsten Monaten entwickeln wird. Es scheint jedoch die Sorge zu bestehen, dass auch, wenn die OPEC und ihre Partner die Produktion wieder steigern, es im Grunde nur ein Ausgleich für die weiteren Ausfälle sein wird. Solange nicht klar ist, wie genau und in welchem Umfang sich die Sanktionen gegen den Iran auswirken werden, bleibt jede Prognose Spekulation.
Ausblick
Vor allem der starke Euro begünstigt auch heute wieder die Inlandspreise. Bei sowieso niedrigen Preisniveaus ist bei Heizöl demnach ein ordentlicher Abschlag drin. 100 Liter kosten heute morgen etwa -0,70 bis -0,80 weniger als gestern.