Die in den letzten Jahren so florierende US-Schieferölindustrie ist besonders starkt betroffen von den Auswirkungen der Corona-Krise. Verschont blieb niemand und die meisten Produzenten mussten ihre Förderung reduzieren oder gar ganz einstellen. Zwar steigt die Ölnachfrage inzwischen langsam wieder, doch langfristig hat die Schieferölindustrie möglicherweise einen Tiefschlag erhalten, von dem sie sich so schnell nicht erholen wird – das lässt zumindest die sinkende Zahl an aktiven Bohranlagen vermuten.
Schieferöl erfordert Investitionskosten
Um Schieferöl zu fördern müssen zunächst dort Löcher gebohrt werden, wo besonders ölreiches Gestein vermutet wird. In den USA, dem Land mit den weltweit größten Schieferölvorkommen, ist dies vor allem im sogenannten Permian-Becken in Texas und New Mexico der Fall. Dort wurde in den letzten Jahren immer mehr gebohrt und gefördert.
Mit dem Finden eines Ölvorkommens ist es allerdings nicht getan. Das Erschließen einer Ölquelle ist zeit- und vor allem kostenaufwändig. Kosten, die die wenigsten Ölproduzenten im Moment tragen wollen. denn erst bei einem Rohölpreis, der komfortabel und dauerhaft über 30 Dollar pro Barrel liegt, lohnt sich die Investition in neue Förderanlagen. Im April kostete amerikanisches Rohöl aber oft weniger als 18 Dollar, zwischenzeitlich rutschte der Preis sogar einmal ins Minus. .
Dramatischer Rückgang der aktiven Ölbohranlagen
In der Folge sank die Menge der aktiven Ölbohranlagen, also jene, die Ölquellen anbohren aber noch kein Öl fördern, dramatisch. Dies zeigen die Erhebungen der Erdöl-Service-Gesellschaft Baker Hughes, die wöchentlich die aktiven Anlagen zählen und bekannt geben. Für Marktbeobachter ist die Menge der aktiven Bohranlagen ein wichtiger Indikator für die Zukunft der Schieferölindustrie, eben weil es nach dem Bohren noch sechs bis neun Monate dauern kann und mit gehörigen Kosten verbunden ist, bis tatsächlich Öl fließt. Diese Investitionen macht man nur, wenn es sich auch längerfristig lohnt.
Die Grafik zeigt, dass schon 2019 die Menge der Bohranlangen etwas rückläufig war im Vergleich zu 2018, dem bisher stärksten Jahr für die Schieferölindustrie. Doch der Einbruch Mitte März war ungleich heftiger und die Menge der aktiven Anlagen rutschte von starken 670 auf inzwischen nur noch 237 ab. So wenige, wie seit 2009 nicht mehr.
In den kommenden Wochen wird der Negativtrend vermutlich weiter anhalten, denn noch ist die Corona-Krise nicht vorbei. Bis die Preise sich dauerhaft stabilisiert haben, dürfte es noch einige Zeit dauern und die Gefahr neuer Ansteckungswellen und neuer Shutdowns besteht nach wie vor. Bis Ölproduzenten wieder in die Suche und Erschließung neuer Ölquellen investieren können und wollen, dürfte es also noch eine ganze Weile dauern. Ob die einst so boomende Schieferölindustrie je wieder auf den Stand vor Corona zurückkommen wird, steht in den Sternen.