Die Ölpreise zeigen sich am Dienstagmorgen weiterhin im Minusbereich, nachdem die beiden wichtigsten Ölsorten bereits gestern um jeweils 0,3% nachgegeben hatten. Heute morgen verliert die Atlantiksorte Brent bislang weitere 0,6% auf 83,25 Dollar pro Barrel, während sich die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) um ebenfalls 0,3% auf 79,32 Dollar verbilligt.
US-Notenbanker sehen Zinswende in weiter Ferne
Zum Wochenauftakt hatten gestern gleich mehrere Vertreter der US-Notenbank erklärt, dass sie sich nicht sicher seien, ob sich die Inflationstrends wieder nachhaltig auf das 2%-Ziel der Zentralbank zubewegt. Die Äußerungen wurden an den Finanzmärkten mit einiger Überraschung aufgenommen, nachdem die in der vergangenen Woche gemeldeten Daten im April eine Abschwächung der Inflation bei den Verbraucherpreisen in den USA gezeigt hatten.
Mit der in diesem Jahr erwarteten Zinswende in den Vereinigten Staaten war und ist die Hoffnung verbunden, dass niedrigere Zinssätze das Wirtschaftswachstum und die Nachfrage nach Öl ankurbeln könnten.
Iranischer Präsident bei Hubschrauberabsturz getötet
Dagegen hatten etwaige Auswirkungen der politischen Turbulenzen in zwei der wichtigsten Rohölproduzenten der Welt die Ölpreise zum Wochenauftakt nur vorübergehend anziehen lassen. Zum einen war gestern bestätigt worden, dass der iranische Präsident Ebrahim Raisi und Irans Außenminister bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen waren.
Der Tod von Raisi dürfte vorerst keine großen politischen Veränderungen mit sich bringen, da Vizepräsident Mohammed Mochber das Amt des Interimspräsidenten übernehmen wird. Allerdings muss innerhalb von 50 Tagen eine Präsidentschaftswahl abgehalten werden, was zu politischer Unsicherheit in der Region führt.
Zudem wirft der unerwartete Tod von Raisi die Frage auf, wer die Nachfolge des 85-jährigen Obersten Führers Ayatollah Ali Khamenei antreten wird.
Saudischer König erkrankt
Unabhängig davon hat der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman seinen für Montag geplanten Besuch in Japan wegen eines Gesundheitsproblems seines Vaters König Salman verschoben. Die staatliche saudi-arabische Nachrichtenagentur meldete am Sonntag, dass sich der 88-jährige König Salman wegen einer Lungenentzündung behandeln lassen wird.
„Sollte sich der Gesundheitszustand des Vaters verschlechtern, würde dies die Unsicherheit auf den Energiemärkten noch verstärken, die bereits durch die Nachricht über das Fehlen des iranischen Präsidenten ausgelöst wurde“, gab Öl-Analyst Tony Sycamore zu Bedenken.
Saudi-Arabien ist der größte und der Iran der drittgrößte der Produzent der OPEC. Bislang gibt es nach Ansicht von Analysten allerdings keine unmittelbaren Anzeichen dafür, dass die jüngsten Entwicklungen das Ölangebot einschränken werden. Der Oberste Führer des Irans, Ayatollah Ali Khamenei, erklärte, dass es infolge des Vorfalls zu keiner Unterbrechung der Angelegenheiten des Landes kommen werde.
Analysten spielen Auswirkungen auf Ölpreise herunter
Analysten spielten die Bedeutung der Ereignisse für die Rohöl-Märkte herunter. Giovanni Staunovo, Rohstoffanalyst bei der UBS Group, sieht die Ölpolitik nicht von den Ereignissen beeinflusst. Es ist eine Einschätzung, die auch Alan Gelder, Vice President bei der Beratungsfirma Wood Mackenzie Ltd. vertritt.
Francesco Pesole, Devisenstratege bei ING, sagte, dass der Tod von Raisi und die gesundheitlichen Bedenken von König Salman zu einer Verknappung auf dem Ölmarkt führen könnten. „Bislang haben sich die Auswirkungen dieser Entwicklungen im Nahen Osten auf den Markt allerdings in Grenzen gehalten“, fügte er hinzu.
Heizölpreise reagieren mit Abschlägen
Da die Notierungen für Gasöl, dem Vorprodukt für Diesel und Heizöl, heute im frühen Handel nach unten tendieren, müssen Verbraucherinnen und Verbraucher im Bundesgebiet je nach Region etwa -0,55 bis -0,05 Euro pro 100 Liter weniger bezahlen als noch zum Wochenschluss.