Die Notierungen für Rohöl sind an den Weltmärkten in den letzten Tagen endlich wieder etwas von ihren hohen Niveaus zurückgekommen. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher fragen sich nun, ob dieser Trend anhalten wird, oder ob die Ölpreise nur eine Verschnaufpause auf dem Weg zu neuen Höhen einlegen.
Ölmärkte im Bann der Zinsentscheidung
Die aktuell nachgebenden Preise kamen zustande, nachdem sich Anleger im Vorfeld der gestern Abend bekannt gegebenen Zinsentscheidung der US-Notenbank unsicher waren, ob der Höchststand bei den US-Zinsen erreicht sein wird. Denn um die Aussichten für das Wirtschaftswachstum und die Kraftstoffnachfrage zu beurteilen, ist das Zinsniveau von elementarer Bedeutung. Allgemein war erwartet worden, dass die Zentralbank der USA (Federal Reserve, Fed) die Zinssätze beibehält. Das Hauptaugenmerk der Finanzmarktprofis lag dabei auf dem voraussichtlichen politischen Kurs liegen, der im Vorfeld der Notenbanksitzung noch unklar war.
Ölpreise geben nach US-Zinsentscheid nach
Nachdem um 20 Uhr bekannt wurde, dass die Fed einstimmig beschlossen hat, die Zinsen wie erwartet beizubehalten, allerdings eine weitere Zinserhöhung in diesem Jahr in Aussicht stellte, gaben die Rohölpreise weiter leicht nach. An den Ölmärkten werden Zinserhöhungen in der Regel als belastend für die Nachfrage angesehen, so dass die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Zinserhöhung einige Anleger zum Verkauf des Rohstoffs veranlasst haben könnte.
Finanzmarktprofis über weitere Entwicklung uneins
Trotz dieses Dämpfers an den Ölmärkten zeigt sich die Mehrheit der Händler davon überzeugt, dass die Ölpreis-Rallye lediglich eine kleine Pause einlegt. Ihrer Einschätzung nach wird sich die Aufmerksamkeit wieder auf das Angebotsdefizit richten, nachdem die Zinsentscheidungen aus dem Weg geräumt sind. Vor dem Hintergrund der Förderkürzungen durch Saudi-Arabien und Russland bis zum Jahresende ist es bei den Investmentprofis keine Frage des Ob, sondern des Wann, bis die Ölpreise die 100-Dollar-Marke überschreiten werden.
Goldman Sachs sieht auf Jahressicht 100 Dollar…
Dieser Meinung sind auch die Rohstoffanalysten der US-Investmentbank Goldman Sachs, gestern ihre 12-Monats-Prognose für Brentöl von zuvor 93 Dollar je Barrel auf 100 Dollar je Barrel anhoben. Die Experten rechnen mit einem etwas stärkeren Abbau der Lagerbestände. Demnach werde das deutlich niedrigere OPEC-Angebot und die stärkere Nachfrage das deutlich höhere US-Angebot an Rohöl mehr als ausgleichen.
…J.P. Morgan bis Jahresende 86 Dollar
Gänzlich anderer Meinung sind dagegen die Kollegen bei Amerikas drittgrößter Bank J.P. Morgan. Deren Einschätzung nach könnte die Erholung der Ölpreise schon wieder zu Ende sein. Rohöl der Sorte Brent war seit Ende August stark angestiegen und hatte in den letzten Tagen mit der Marke von 95 US-Dollar pro Barrel geflirtet.
Doch der Nachholbedarf Chinas neigt sich nach Ansicht der Experten dem Ende zu, und die Nachfrage dürfte bei den derzeitigen Preisen nachlassen. Weitere Kurssteigerungen könnten sich demzufolge in Grenzen halten, da die Analysten davon ausgehen, dass die meisten Anreize für den Markt vorerst erschöpft sind. J.P. Morgan hält an seinem Jahresendpreisziel für Brent von 86 Dollar pro Barrel fest. Die internationale Öl-Benchmark notiert heue Morgen bei 93 Dollar je Barrel.
Nachdem die Ölmärkte die Zinsentscheidung erst noch „verdauen“ müssen, spiegelt sich diese Unentschlossenheit auch bei den Heizölpreisen wider. Diese liegen heute Morgen im Schnitt etwa -0,65 bis +0,15 Euro pro 100 Liter gegenüber den Preisen zur Wochenmitte.