Die US-Schieferölindustrie ist besonders stark betroffen von den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Als im Frühjahr die Ölpreise ins Bodenlose stürzten, mussten viele Schieferölbetreiber ihre Anlagen drosseln oder sogar komplett stilllegen. Eine gewinnbringende Förderung war bei den niedrigen Preisen schlicht nicht möglich. Die Rohölförderung in den USA sank bisher um 2 Millionen Barrel (à 159 Liter) täglich.
Schieferöl in der Krise
Für die Unternehmen wurde dies schnell zu einer existenzbedrohenden Situation, denn die Wiederinbetriebnahme der Anlagen ist mit enormen Kosten und Aufwand verbunden. Auch lebt die Schieferölindustrie von Investitionen in die Erschließung neuer Bohrlöcher, denn während eine „herkömmliche“ Ölquelle nach dem Anbohren sehr verlässlich über einen langen Zeitraum Öl liefert, ist die Ausbeute bei Schieferöl am Anfang zwar hoch, lässt dann jedoch nach.
Doch langsam erwacht die Welt aus ihrem Corona-Lockdown und seit einigen Wochen haben sich die Ölpreise wieder von den historischen Tiefständen erholt. An der New Yorker Börse wird die US-Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) inzwischen wieder bei fast 40 Dollar gehandelt. Experten vermuten, dass damit die Schieferölindustrie langsam wieder an Fahrt aufnimmt und schon in diesem Monat die Förderung wieder um etwa 1 Millionen Barrel steigen könnte.
OPEC-Kürzungen helfen US-Produktion
Diese Entwicklung wird auch die OPEC+ ganz genau verfolgen. Die Organisation hat erst vor wenigen Tagen beschlossen, ihre historischen Kürzungen in Höhe von knapp 10 Millionen Barrel täglich im Juli beizubehalten, um die coronabedingte Überversorgung auszugleichen.
Die seit Mai greifenden Kürzungen, an die sich dieses Mal auch fast alle Mitgliedsstaaten streng gehalten haben, zeigten schnell Wirkung und sind einer der Hauptgründe, warum die Ölpreise sich so schnell erholt haben. Darin steckt aber auch die Krux, denn wenn die OPEC+ Mengen vom Markt nimmt, unterstützt sie damit indirekt die US-Ölindustrie, die von den höheren Preisen profitiert und ihre Förderung hochfährt.
Das Gleichgewicht ist also nach wie vor sehr fragil, vor allem auch, weil die Corona-Krise noch nicht vorbei ist. Nach wie vor steigen die Infektionszahlen in den USA. Und auch in China, dass sich schon coronafrei wähnte, mussten nun Teile der Hauptstadt Peking wieder gesperrt werden, da es zu einem neuen Covid-19-Ausbruch kam. Eine zweite Ansteckungswelle könnte die zarte Erholung der letzten Wochen schnell zunichte machen.