Seit gestern gilt es: Mit der Änderung der 10. Bundesimmissionsschutzverordnung, die gestern vom Bundeskabinett verabschiedet wurde, darf nun der neue Biokraftstoff HVO 100 an den Markt gehen. Bis der Kraftstoff flächendeckend in Deutschland getankt werden kann, dürfte es allerdings wohl noch bis Mai dauern.
Neuer Biokraftstoff aus Abfallprodukten soll deutlich umweltfreundlicher sein
Der gemeinhin als Biodiesel bezeichnete Kraftstoff hat mit fossilem Diesel nicht mehr viel gemein, besteht er doch komplett aus Rest- und Abfallstoffen. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gibt an, dass zur Zeit überwiegend nachhaltige Produkte wie zum Beispiel Altspeiseöl oder auch tierische Fette zum Einsatz kommen. Palmöl als Ausgangsstoff von Biokraftstoffen sei hingegen für die Anrechnung auf die Treibhausgasminderungsquote ausgeschlossen.
Der große Vorteil am neuen Biokraftstoff ist, dass im Vergleich zu fossilem Diesel bei der Produktion von HVO mehr als 90 Prozent an Treibhausgas-Emissionen eingespart werden können. Zudem dürfte die lokale Umweltbelastung in Städten und Gemeinden zurückgehen, da HVO deutlich sauberer und geruchsärmer verbrennt als der herkömmliche Diesel.
HVO 100 zunächst für Flottenbetreiber interessant
Die Uniti, der Bundesverband EnergieMittelstand e.V., begrüßt die Einführung des neuen Kraftstoffes und erwartet, „dass in der ersten Anlaufphase HVO 100 für Flottenbetreiber besonders interessant sein wird“. So könne man etwa bestehende CO2-Vorgaben auch mit Bestandsfahrzeugen leichter einhalten. Die Uniti wünscht sich deshalb auch eine Entlastung von HVO gegenüber fossilem Diesel bei der Energiesteuer, da so der Wirtschaft und dem Klima noch besser geholfen wäre.
Aufrüstung an den Tankstellen könnte noch etwas dauern
Bis die Tankstellenbetreiber im Bundesgebiet aufgerüstet haben und HVO flächendeckend getankt werden kann, dürfte es noch einige Wochen dauern. Insgesamt bleibt der Aufwand aber verhältnismäßig gering, so dass wohl schon ab Mai ein umfassendes Angebot bestehen wird. „Es bedarf keiner technischen Anpassungen oder Umrüstungen der Fahrzeuge oder des flächendeckenden Tankstellennetzes“, heißt es in einer Erklärung von ADAC, Uniti und anderer Branchenverbände.
Dabei wird HVO kein bestehendes Produkt ersetzen, sondern als zusätzliches Angebot in den Markt eingeführt. Erkennbar soll er für Verbraucherinnen und Verbraucher durch den Zusatz „XTL“ werden, der sogenannte Power-to-Liquid-Kraftstoffe kennzeichnet, die auf einem festen oder gasförmigen Energieträger wie zum Beispiel ölhaltigen Abfall- und Reststoffen oder grünem Strom als Ausgangsstoff basieren.
Keine Umrüstung bei modernen Dieselmotoren notwendig
Tanken kann HVO dann theoretisch jeder, der ein Fahrzeug mit einem Dieselmotor besitzt. Eine Umrüstung sei nicht nötig, so Verkehrsminister Volker Wissing, der sagt: „Moderne Dieselmotoren sind grundsätzlich dafür geeignet“. Auch leichte und schwere Nutzfahrzeuge können laut Bundesministerium für Digitales und Verkehr ohne Vorbereitung auf den neuen Kraftstoff umsteigen, allerdings seien für die offizielle Freigabe von Kraftstoffen für einen Motor die Fahrzeughersteller verantwortlich.
Darauf weist auch der ADAC hin, der fordert, dass „dringend weitere umfassende Herstellerfreigaben für bisherige Pkw-Modelle“ benötigt würden, damit HVO 100 auch von den Verbrauchern angenommen werde. Aktuell lägen solche Freigaben nur für wenige Modelle der Marken Audi, BMW, Citroën/Peugeot/Opel, Nissan, Renault/Dacia, Seat/Cupra, Skoda, Toyota, Volvo und VW vor.
Hohe Herstellungskosten machen HVO teurer als herkömmlichen Diesel
Für den neuen Biokraftstoff HVO wird an den Tankstellen wohl etwas mehr gezahlt werden müssen, als für fossilen Diesel. Das Bundesministerium begründet diesen Preisunterschied mit den teureren Herstellungskosten um die Treibhausgas-Emissioneinsparung einhalten zu können. Laut dem Bundesverband freier Tankstellen, die sich auf Erfahrungen aus Ländern berufen, wo HVO bereits getankt werden darf, liegt der Preisunterschied bei 15 bis 10 Cent pro Liter. Da HVO allerdings von der steigenden CO2-Bepreisung ausgenommen ist, werden sich die Kosten auf längere Sicht angleichen.