Der Fall des verschwundenen und mutmaßlich ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi hat die Weltgemeinschaft aufgewühlt. Seit dieser Woche wirkt sich der mysteriöse Fall auch auf die börsengehandelten Rohölpreise aus, denn ein diplomatischer Konflikt zwischen Saudi-Arabien und der westlichen Welt birgt immer die Gefahr, dass das Königreich sein Öl als Waffe einsetzen könnte. Dementsprechend kletterten die Preise gestern morgen zunächst etwas in die Höhe. Die Marktteilnehmer scheinen aber daran zu zweifeln, dass es tatsächlich zu dieser Art von Eskalation kommt, denn schon am Nachmittag drehte sich der Wind und die Preise gingen klar nach unten.
Fall Khashoggi: Gemeinsame Untersuchungskommission soll Licht ins Dunkel bringen
Der Verdacht erhärtet sich immer mehr, dass der regierungskritische Journalist Jamal Khashoggi in der saudischen Botschaft in Istanbul ermordet wurde. Riad hat sich nun doch bereit erklärt, mit der Türkei zusammen eine Untersuchung durchzuführen, nachdem man am Wochenende noch alle Anschuldigungen von sich gewiesen hatte.
Nun heißt es in einem Vorabbericht, dass der Journalist wohl bei einem „schiefgelaufenen Verhör“ versehentlich ums Leben kam und der Einsatz nicht genehmigt gewesen sei. So fadenscheinig diese Begründung ist, bleibt sie doch die einzige Möglichkeit für Saudi-Arabien, sein Gesicht zu wahren und gleichzeitig eine Eskalation mit der Türkei und anderen Ländern zu vermeiden.
Saudi-Arabien könnte Öl als Druckmittel nutzen
Marktteilnehmer hatten gestern noch befürchtet, dass Saudi-Arabien sein Öl als politische Waffe einsetzen könnte. Dies war zuletzt in den 70er Jahren geschehen, als das arabische Embargo die Ölkrise von 1973/74 auslöste. Doch eine Kürzung der Ölexporte durch Saudi-Arabien ist eher unwahrscheinlich. Das Land würde sich damit nur ins eigene Fleisch schneiden, da man das Nachfragewachstum reduziert und den Wandel weg vom Öl beschleunigen würde.
Dementsprechend sind die börsengehandelten Rohölpreise nach einem kurzen Anstieg am Montag morgen schon am Mittag wieder gefallen. Dennoch könnte die Causa Khashoggi die Ölpreise weiter gehörig durcheinanderwirbeln. Immerhin reicht oft schon eine Drohung alleine aus, um die Marktteilnehmer zu verunsichern. Es heißt hier also erst einmal abwarten, wie sich die Nachrichtenlage in den nächsten Tagen entwickelt.
Ausblick
Die Ausgangslage an den Ölbörsen bleibt beweglich, so lange kein offizielles Statement der saudi-arabischen Regierung veröffentlicht wurde. Somit ist auch bei den Inlandspreisen eine Vorhersage schwierig zu treffen. Der recht starke Euro macht Heizöl tendenziell günstiger im Euroraum. Es könnten heute also durchaus Abschläge im Vergleich zu gestern drin sein.