Im gestrigen Tagesverlauf kam es nur zu kleineren Kursschwankungen und zum Börsenschluss waren leichte Kursgewinne zu verzeichnen. Die börsengehandelten Rohölpreise reagieren im Moment vor Allem auf charttechnische Impulse, also Berechnungen und Analysen basierend auf den bisherigen Kursverläufen. Diese liefern für die Marktteilnehmer häufig deutliche Kauf- oder Verkaufsargumente.
Neue Konstellation bei Öl-Kontrakten
Eines dieser charttechnischen Merkmale hat sich nun bei der internationalen Referenzsorte Brent gezeigt. Seit September letzten Jahres waren hier die Kontrakte mit einem Liefertermin in der Zukunft günstiger gewesen als die sofortigen Verfügbarkeiten.
Für Analysten gilt diese als Backwardation bezeichnete Konstellation als klares Zeichen für eine angespannte Versorgungslage. Käufer sind bereit, höhere Preise für sofortige Lieferung zu bezahlen, da sie auf die Ware bei hoher Nachfrage oder knappen Beständen angewiesen sind.
Nun hat sich das Blatt jedoch recht plötzlich gewendet und schnell verfügbares Brent Rohöl ist wieder günstiger als die in der Zukunft liegenden Kontrakte. Anfang Juli war Öl noch rund 2,30 Dollar teurer als das Öl mit einer Lieferung in sechs Monaten. Gestern Abend war der Preis jedoch rund 0,60 Dollar günstiger.
Analysten sprechen hier von einer Contango-Konstellation. Wechselt der Markt von Backwardation in Contango ist dies ein klares Zeichen, dass sich auch die globale Versorgungslage entspannt hat.
Keine Preisralley erwartet
Alles deutet also darauf hin, dass die Marktteilnehmer nicht mit weiteren starken Preisanstiegen rechnen. Die Gewinne, welche man aus den hohen Preisen der letzten Wochen mitnehmen konnte, sind größtenteils ausgeschöpft.
Für die Referenzsorte Brent scheint sich in den letzten Wochen eine Handelsspanne von 70 bis 80 Dollar etabliert zu haben, mit der man zufrieden scheint. Als man sich den 80 Dollar näherte, beeilte man sich bei der OPEC, die Anhebung der Ölförderung zu beschließen und eine bessere Versorgungslage zu schaffen. Mit der Annäherung an die 70 Dollar kündigte Saudi-Arabien dann erst einmal wieder einen Exportrückgang an.
Wie sich die Stimmung entwickelt, hängt dann wohl von äußeren Faktoren wie den Sanktionen gegen den Iran ab. Je nachdem, wie stark die Ausfuhren des Irans sinken, stützt dies die Preisniveaus an den Börsen. Die vollen Effekte sollen zum November hin in Kraft treten, dann will Trump die iranischen Ölexporte massiv gesenkt sehen oder sogar ganz zum erliegen bringen.
Auch der Handelsstreit mit China könnte Auswirkungen auf die Rohölpreise nehmen, da er die Nachfrage beeinflussen kann. Es bleibt also auch in der zweiten Jahreshälfte spannend.
Ausblick
Im Vergleich zu gestern früh sind die Inlandspreise heute, dank des Kursanstieges gestern, etwas höher zu erwarten. Für 100 Liter Heizöl ist mit Aufschlägen von etwa +0,30 bis +0,50 Euro zu rechnen.